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Heizlastberechnung - Teil 3: Eignen sich meine Heizkörper für eine Wärmepumpe?

Die Frage Eignet sich mein Altbau eigentlich für eine Wärmepumpe hat sich vermutlich fast jeder Altbaubesitzer schon gestellt. Im Netz finden sich allerlei Horrorgeschichten von elektrischen Heizpatronen und der angeblichen Notwendigkeit von Fußbodenheizungen. Es gibt zum Glück Möglichkeiten, das Ganze näherungsweise vorab zu bestimmen. Die wollen wir uns im Folgenden anschauen.

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In diesem dritten Teil meiner Reihe “Heizlastberechnung” geht es um die Berechnung der Leistung von Heizkörpern - und die Frage, ob die Heizkörper ausreichend dimensioniert sind. Hier geht es zu den anderen Teilen.

Eignet sich mein Haus für eine Wärmepumpe?

Direkt vorweg: Nein, man benötigt nicht zwingend Fußbodenheizungen und ja, auch Altbauten kann man mit Wärmepumpen betreiben ohne sich in den finanziellen Ruin zu stürzen. Bestimmen lässt sich das über die sogenannte “Jahresarbeitszahl” (JAZ): Diese gibt an, wieviel kWh Wärmeenergie je investierter Kilowattstunde Strom die Wärmepumpe zur Verfügung stellt. Teilen wir den Heizwärmebedarf des Hauses durch die JAZ, wissen wir, wie viel Strom die Wärmepumpe benötigt. Hier einige Beispiele:

Szenario 2020

  • Heizwärmebedarf 16.000kWh
  • Stromkosten: 0,26€/kWh
  • Gaskosten: 0,06€/kWh
JAZStrombedarf WPKosten Gasheizung/JahrKosten Strom/Jahr
35.333960€1.386€
3,54.571960€1.188€
44.000960€1.040€
4,53.555960€924€

Szenario 2022

  • Heizwärmebedarf 16.000kWh
  • Stromkosten: 0,68€/kWh
  • Gaskosten: 0,23€/kWh
JAZStrombedarf WPKosten Gasheizung/JahrKosten Strom/Jahr
35.3333.680€3.626€
3,54.5713.680€3.108€
44.0003.680€2.720€
4,53.5553.680€2.417€

Man sieht: Bei den günstigen Gaspreisen der Vorjahre waren schon gute Jahresarbeitszahlen von 4 und besser nötig, um mit der Wärmepumpe bei den Gaspreisen gleichzuziehen - und das bei höheren Anschaffungskosten. Bei den aktuellen Gas- und Strompreisen sieht die Rechnung schon anders aus: Schon mit einer JAZ von 3 zieht die Wärmepumpe bei den laufenden Kosten etwa gleich und überholt die Gasheizung sogar. Nun gibt es im Jahr 2022 (und darüber hinaus) neben den reinen Energiekosten sicher noch andere gute Gründe, in eine Wärmepumpe zu investieren: Versorgungssicherheit, Preisentwicklung, ökologische Erwägungen… wir verstehen “Eignung” hier erstmal eher wirtschaftlich.

Das Problem bei diesen ganzen Gedankenspielen: Die Jahresarbeitszahl kennt man erst, wenn die Wärmepumpe schon ein Jahr im Betrieb ist. Und Laborwerte wie der sagenumwobene (S)COP haben generell wenig Aussagekraft - noch weniger im Altbau. Um nun dennoch auf eine möglichst hohe JAZ spekulieren zu können, muss der Altbau einige Grundlagen erfüllen:

  • Möglichst geringe Heizlast, d.h. geringer Wärmebedarf je m²
  • Den Vorlauftemperaturen der Heizung

Der Heizlast haben wir uns in Teil 1 dieser Reihe: Heizlast eines Raumes und Hauses ermitteln ausgiebig gewidmet. Hier geht es nun um die Vorlauftemperaturen. Grob gesagt: Je niedriger die Vorlauftemperatur der Heizung, desto weniger Arbeit muss die Wärmepumpe leisten, um diese zu erreichen, desto besser die JAZ, desto geringer die Kosten. Das ist auch der Grund, warum alle Welt Fußbodenheizungen und Wärmepumpen miteinander kombiniert: Fußbodenheizungen benötigen nur um die 30°C Vorlauftemperatur - alte Heizungen sind oftmals auf 75°C eingestellt. Ein gigantischer Unterschied für die Effizient der Wärmepumpe.

Wir widmen uns hier also der Frage: Kann ich die Vorlauftemperatur meiner Heizung reduzieren - ohne dass die Bude kalt bleibt?

Im Bild zu sehen: In fast allen Räumen ist die Leistung auch bei einer Vorlauftemperatur von 55°C ausreichend - und in fast keinem Raum bei einer Vorlauftemperatur von 45°C.

Messen über Reduzierung der Vorlauftemperatur

Die Variante mit der wohl höchsten Aussagekraft: Die Vorlauftemperatur des bestehenden Heizkessels wird auf 55°C runterreguliert - nach einem knackigen Winter wissen wir genau, ob die Heizkörper damit in den Räumen weiterhin wohlige Wärme bereitstellen konnten.

Die Nachteile dieser Variante:

  • Zeitintensiv: Idealerweise eine Heizperiode, mindestens jedoch einige knackig kalte Tage um die Normauslegungstemperatur herum (beispielsweise -9°C).
  • Kein ad hoc Ersatz: Ist der Heizkessel defekt, hat man mit dieser Variante keine Chance mehr zu ermitteln, ob die Vorlauftemperaturen ausreichen
  • Der Vorlauf der Heizung muss umgestellt werden. Abhängig vom Modell kann dies mit mehr oder weniger Aufwand (Handbuch besorgen, Eigenwillige Tastensteuerung meistern) verbunden sein
  • Gerade bei alten Anlagen mit schlecht eingestelltem hydraulischem Abgleichen, schlecht gedämmten Rohren und alten Zirkulationspumpen bleiben bei dieser Variante möglicherweise naheliegende Optimierungspotenziale unberücksichtigt.

Die Vorteile:

  • Wenn selbst im tiefsten Winter der Wohnbereich warm ist und selbst die Handtuchheizung im Bad noch ihr Werk verrichtet hat man einen
  • Etwaige Effizienz- und Wärmeverluste der Heizanlage sind bereits berücksichtigt

Heizlastberechnung & Heizkörperleistung

Plattenheizkörper vom Typ 22
Zwei Konvektionsbleche zwischen zwei Platten in einem Heizkörper Typ 22
Drei Konvektionsbleche zwischen drei Platten in einem Heizkörper Typ 33

Die zweite Methode führt über die Heizlastberechnung: Im Rahmen dieser haben wir bereits die Heizlast jedes Raumes einzelnd berechnet; unser Beispiel-Raum mit 23m² hat beispielsweise eine Heizlast von 1049W. Der vorhandene Heizkörper sollte nun mindestens diese Leistung bereitstellen können - für eine Wärmepumpe bei 55°C Vorlauf oder weniger.

Ich gehe im Folgenden von sogenannten Plattenheizkörpern aus: Noch ältere Röhrenheizkörper sind in der Regel nicht effizient bei niedrigeren Vorlauftemperaturen zu betreiben. Die Leistung eines Heizkörpers wird in der Regel bestimmt vom Heizkörpertyp, sowie seiner Höhe und Breite.

Bei Plattenheizkörpern werden folgende Typen unterschieden:

  • Typ 11: Eine Platte, ein Konvektionsblech
  • Typ 20: Zwei Platten, kein Konvektionsblech
  • Typ 21: Zwei Platten, ein Konvektionsblech
  • Typ 22: Zwei Platten, zwei Konvektionsbleche
  • Typ 30: Drei Platten, kein Konvektionsblech
  • Typ 33: Drei Platten, drei Konvektionsbleche

Mit einem Blick oben in den Heizkörper lässt sich also bestimmen, um welchen Typ es sich handelt. Werden nun noch Breite und Höhe ausgemessen, haben wir alle Informationen, die zur Berechnung der Wärmeleistung benötigt werden. Dazu gibt es entsprechende Tabellen im Netz, die konsultiert werden können, beispielsweise diese vom Großhandel für Reha und Haustechnik (Tabelle 1) oder diese Übersicht für Bruderus Heizkörper (Tabelle 2).

In unserem Beispiel-Wohnzimmer gibt es einen Heizkörper Typ 33 mit einer Breite von 1600mm und einer Höhe von 600mm. Gemäß den beiden zuvor verlinkten Übersichten hat einer dieser Heizkörper folgende Leistungserte:

Vorlauf/RücklaufWert lt. Tabelle 1Wert lt. Tabelle 2
55°C/45°C2021W1891W
70°C/55°C3231W3000W

Die Abweichung der Werte liegt nur bei etwa 7%. In allen Fällen liegt die Wärmeleistung des Heizkörpers über den nötigen 1049W Heizlast des Raumes. Das ist in Altbauten durchaus häufig anzutreffen, da die Heizkörper früher oftmals eher nach optischen Gesichtspunkten (“passt unter das Fenster”) ausgewählt wurden und daher häufig überdimensioniert sind.

Führen wir diese Analyse für jeden Raum durch, kennen wir die Heizlast des Raumes - und die Wärmeleistung der Heizkörper. Ist die Wärmeleistung des Heizkörpers größer als die Heizlast, wird es in diesem Raum voraussichtlich zu keinen Problemen bei der Reduzierung der Vorlauftemperaturen kommen.

Exkurs: Wärmeleistung umrechnen

Die Wärmeleistung der Heizkörper ist standardisiert für bestimmte Szenarien: In der Regel sind die Werte für 20°C Raumtemperatur angegeben - und für bestimmte Vorlauf- und Rücklauftemperaturen. Es ist aber auch möglich, eine bekannte Wärmeleistung (bspw. 70°C Vorlauf, 55°C Rücklauf, 20°C Raumtemperatur) eines Heizkörpers auf ein Wunschszenario umzurechnen, beispielsweise auf 45°C Vorlauf, 35°C Rücklauf und 22°C Raumtemperatur. So lässt sich auch überschlagen, ob die Vorlauftemperatur noch weiter reduziert werden kann.

Leistung = normLeistung * ((((systemVorlauf - systemRuecklauf) / Log((systemVorlauf - systemTemperatur) / (systemRuecklauf - systemTemperatur))) / ((normVorlauf - normRuecklauf) / Log((normVorlauf - normTemperatur) / (normRuecklauf - normTemperatur)))) ^ hkExp)

etwas augenfreundlicher:

Mit dieser Formel lässt sich die Wärmeleistung eines Heizkörpers von der Normvorgabe auf eine andere Zielvorgabe umrechnen.

Dabei stehen die Platzhalter für folgende Angaben:

  • systemVorlauf: Wunsch-Vorlauf
  • systemRuecklauf: Wunsch-Rücklauf
  • systemTemperatur: Wunsch-Raumtemperatur
  • normVorlauf: Vorlauf gemäß Herstellerangabe
  • normRuecklauf: Rücklauf gemäß Herstellerangabe
  • normTemperatur: Raumtemperatur gemäß Herstellerangabe
  • normLeistung: Leistung gemäß Herstellerangabe
  • UmrechnungHeizkoerper: Ergebnis der Berechnung
  • hkExp: Heizkörperexponent, hier: 1,3 für Plattenheizkörper

Im folgenden Beispiel soll die Formel angewandt werden: Die Leistung des Heizkörpers von oben (3000W Leistung bei 70°C Vorlauf, 55°C Rücklauf, 20°C Raumtemperatur) soll für 45°C Vorlauf und 35°C bei der gleichen Raumtemperatur berechnet werden - vielleicht können wir die Vorlauftemperatur ja noch weiter reduzieren?

Bei 45°C Vorlauf liefert unser Heizkörper nur noch 1110W Leistung

Laut Berechnung würde die Heizleistung des Heizkörpers also sogar bei nur 45°C Vorlauf noch ausreichen um die Heizlast von 1049W zu decken. Aber gebt euch keinen Illusionen hin: Das Beispiel ist fiktiv - dass der Vorlauf noch deutlich unter 50°C gesenkt werden kann dürfte für Altbauten mit Plattenheizkörpern eher die Ausnahme sein, zumal hier auch nur ein Heizkörper die entsprechende Reserve hat - die gleiche Berechnung müsste ja nun für alle anderen Heizkörper des Hauses auch wiederholt werden.

Zu beachten: Zumindest im Schlafbereich kann in der Regel von reduzierten Raumtemperaturen ausgegangen werden: Das kommt der Leistung des Heizkörpers zu gute.

Was wenn die Leistung einzelner oder mehrerer Heizkörper nicht ausreicht?

Grundsätzlich kosten Heizkörper nicht die Welt: Es ist denkbar - und nicht unüblich - dass im Rahmen des Einbaus einer Wärmepumpe auch einzelne oder mehrere Heizkörper ausgetauscht werden. Hier können wieder die oben bereits verlinkten Angaben zur Wärmeleistung verschiedener Heizkörpertypen konsultiert werden: Diesmal gewissermaßen als Rückwärtssuche: Welcher Heizkörper bietet die gesuchte Wärmeleistung bei reduziertem Vorlauf? Im einfachsten Fall kann schlicht der nächstgrößere Typ gewählt werden - also statt Typ 22 Typ 33 bei gleichen Maßen. So passt der neue Heizkörper weiterhin an die alte Stelle.

Auch der Einbau von Fußbodenheizungen ist natürlich denkbar - aber deutlich aufwändiger.

Fazit

Die Ausgangsfrage dieser Reihe war:

Wieviel Energie werde ich nach der Dämmung der obersten Geschossdecke noch benötigen und eignet sich mein Altbau damit für eine Wärmepumpe?

Nun nenne ich noch keine Wärmepumpe mein Eigen - über die Heizlastberechnung konnte ich aber ermitteln, dass die Dämmung der obersten Geschossdecke bis zu 40% Einsparung mit sich bringt - und ich damit bei der Heizlast je m² in durchaus interessante Bereiche für eine Wärmepumpe gelange. Durch die Berechnung der Leistung der Heizkörper konnte ich ferner ermitteln, dass diese auch bei 55°C Vorlauf noch ausreichend Reserven haben, um das Haus im Winter auf Temperatur zu bringen.